Defloration einer Minderjährigen, versuchte Abtreibung und Tätlichkeiten
Kategorie: Stadtarchiv Kerpen → Schöffengericht Kerpen, GA, Dep. St. Martinus → 4.4 Unzucht, Ehebruch
Otto Nyßen zeigt seinen Pferdeknecht Johann Heintzen an, dass er seine Tochter Maria, die (angeblich) kaum 13 Jahre alt war, geschwängert hatte und ihr, um die Einnistung des Fötus zu verhindern, ein Mittel, und zwar (wie aus dem Gerichtsprotokoll darüber hervorgeht) Kalmuswurzel, verabreicht hatte. Um die Wirkung zu erzielen, müsse er, so hatte er ihr zudem gesagt, drei Nächte lang nackt auf ihrem Bett sitzend zubringen. Nyßen bittet das Gericht zu tun, was in einem solchen Fall der versuchten Abtreibung unter Beschwörung und noch dazu bei einer Minderjährigen zu tun geboten sei. [Die Altersangabe ist mit Vorsicht zu betrachten: im Gerichtsprotokoll darüber steht "etwa 18 Jahre"; außerdem unterhielten Maria und der Pferdeknecht zum Zeitpunkt der Klage bereits seit mindestens zwei Jahren eine sexuelle Beziehung]. Auslöser für die Anzeige war aber ein Folgeereignis. Am 3.11. erschien Heintzen bei seinem Herrn, um anscheinend um die Tochter, die wirklich schwanger war, anzuhalten und seinen Abschied zu nehmen. Nyßen aber warf ihn hinaus. Zwei Tage später kam Heintzen zurück, um seine Sachen zu holen, und traf auf die Hausfrau, von der er den, wegen der zu erwartenden Kindbett-Kosten von Nyßen zurückgehaltenen Lohn forderte oder, dass sie ihm die Tochter geben solle. Die Frau, die selbst schwanger ("groben Leibs") war, wies ihn, verständlicherweise ungehalten ("ex iusta iracundia"), hinaus. Er aber schlug sie mit einer Mistgabel und verletzte sie am Arm. Nyßen fordert, nun auch für die Arztkosten den Lohn zurück halten zu dürfen. Für den Unterhalt des Kindes aber soll das Gericht des Beklagten Gütchen in Blatzheim in Arrest nehmen. Außerdem soll seiner Frau für ihre "Schmertzen undt Pein" eine Entschädigung gewährt werden, und zwar ohne Wiederspruch des Beklagten ("de non offendendo"). Heintzen verteidigt sich in der Gerichtsverhandlung am folgenden Tag. Er bestreitet nicht das Verhältnis zu Maria und die Schwängerung, wohl aber die Absicht der Abtreibung. Er habe ihr die Kalmuswurzel gegeben, "weilen dieselbe dem Menschen gesundt seye". Er habe auch nicht drei Nächte lang auf dem Bett gesessen, "sondern seye continuirlich nackent im Bedt bey ihr, der Dochter, gelegen", wie die Magd bezeugen soll. Darauf, dass er die noch Minderjährige heiraten wolle, antwortet er: "so wolte er ein Kindt bey dem anderen uffziehen". Zu der tätlichen Auseinandersetzung mit der Hausfrau sei es gekommen, weil sie ihn mit der Mistgabel, die sie gerade in Händen trug, bedroht und auf den Kopf geschlagen habe. Dem Kläger wird auf seinen Antrag hin eine Kopie der Gegenrede des Beklagten zugesprochen sowie seinen Forderungen stattgegeben, d. h. das Gerichtsverfahren wird zugelassen.
Dieses Dokument wurde noch nicht digitalisiert. Sie können es sich aber vor Ort im Stadtarchiv anschauen. Es werden über die Zeit immer mehr Dokumente digitalisiert und hier veröffentlicht, da dies aber geld- und zeitaufwändig ist, haben Sie bitte ein wenig (mehr) Geduld.
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